Der Placeboeffekt

Unter Placeboeffekt versteht man die Wirkung eines Medikaments, welches eigentlich keinen Wirkstoff enthält und dementsprechend keine Wirkung haben dürfte. Auch Scheininterventionen, zum Beispiel eine Scheinoperation, bei welcher eigentlich gar nichts gemacht wird, haben einen Placeboeffekt.

Vor allem in medizinischen Studien ist der Placeboeffekt bekannt. Oft wird ein echtes Medikament gegen ein Placebomedikament, also gegen eine Salz- oder Zuckertablette ohne Wirkstoff, welche aber dem echten Medikament ähnlich sieht, getestet. Häufig verspürt auch die Placebogruppe in diesen Studien eine Verbesserung. Um den eigentlichen Effekt des echten Medikaments zu erkennen, muss dabei zuerst der Effekt des Placebos abgezogen werden.

Die aussergewöhnliche Wirkung von Placebos wurde in etlichen Studien gezeigt. Beispielsweise wurde 2007 eine Untersuchung mit Rückenschmerz-Patienten durchgeführt. Die Patienten wurden in 3 Gruppen eingeteilt. In einer Gruppe wurde keine Therapie durchgeführt, in einer Gruppe wurde eine Akupunktur Behandlung durchgeführt und in der letzten Gruppe wurde eine Scheinakupunktur durchgeführt. Bei der Scheinakupunktur wurden zwar Nadeln gesetzt, aber an den „falschen“ Orten, so dass man eigentlich keine Wirkung oder zumindest eine weniger starke Wirkung erwartet hätte. Beide Patientengruppen mit Akupunktur hatten schlussendlich nach der Behandlung deutlich weniger Schmerzen als die Gruppe ohne Behandlung. Zwischen der echten Akupunktur und der Scheinakupunktur gab es keinen Unterschied.
Grund für dieses Phänomen des Placebos sind komplexe Prozesse in unserem noch komplexeren Hirn. Ein wichtiger Punkt ist die Erwartungshaltung des Patienten bezüglich der Wirkung des Medikaments. Die positive Einstellung des Patienten gegenüber einer Behandlung, beispielsweise auf eine Schmerzlinderung, aktiviert im Hirn bereits gewisse Regionen, welche Angst und Stress abbauen und so bereits einen schmerzlindernden Effekt haben. Ein weiterer wichtiger Faktor ist auch ein Lernprozess. Beispielsweise wird erlernt, dass nach der Einnahme eines Schmerzmedikaments eine schmerzstillende Wirkung zu erwarten ist. Wenn beispielsweise ein Patient über mehrere Tage regelmässig ein Schmerzmedikament erhält, wird der Patient auch eine Schmerzlinderung erfahren, wenn er „nur“ ein Scheinmedikament erhält, selbst wenn der Patient weiss, dass es ein Scheinmedikament ohne Wirkstoff ist. Das Hirn hat sich daran gewöhnt, dass die rote kleine Tablette eine Schmerzlinderung gibt. Der Körper wird alleine durch die rote Tablette animiert, unterstützende schmerzlindernde Prozesse in Gang zu setzen.

Der Placeboeffekt kann in dem Sinne genutzt werden, dass eine positive Erwartungshaltung bezüglich einem Medikament oder einer Intervention eine Verbesserung der Wirkung ermöglicht. Dass jedoch ein Placebo eingesetzt wird zur Täuschung des Patienten, haltet man allgemein nicht für sinnvoll und findet in der Medizin eigentlich keine Verwendung. Schlussendlich basiert eine gute Arzt-Patienten Beziehung auf Vertrauen. Das Täuschen eines Patienten, indem beispielsweise ein Arzt vorgibt ein echtes Medikament zu spritzen und schlussendlich nur ein Scheinmedikament verabreicht, zerstört dieses Vertrauensverhältnis erheblich.

Die Kehrseite der Medaille ist der Noceboeffekt. So kann ein Medikament aufgrund einer negativen Erwartungshaltung auch enorme Nebenwirkungen verursachen. Auch dafür gibt es vor allem in Medikamentenstudien sehr viele Beispiele. So verspürt auch die Placebogruppe im Rahmen einer Studie Nebenwirkungen, obwohl nur Scheinmedikamente eingenommen wurden. Eine sehr negative Erwartungshaltung verstärkt das Auftreten von Nebenwirkungen. Ebenfalls sind negative Effekte an Lernprozesse gekoppelt. Wenn ein Patient bei einer gewissen Behandlung mit Übelkeit reagiert, wird nach einiger Zeit schon der Gedanke an die Behandlung Übelkeit verursachen.

Wenig hilfreich sind die sehr langen Nebenwirkungslisten von Medikamenten, welche die Patienten teilweise stark verunsichern und Angst einflössen. Leider sind die heutigen Nebenwirkungslisten hauptsächlich juristische Dokumente, so dass bei Auftreten irgendeiner Problematik der Hersteller nicht haftbar gemacht werden kann. Ein Jurist kontrolliert, ob nicht irgendein Symptom vergessen gegangen ist auf der langen Liste. Der Beipackzettel ist so keine echte Information mehr für den Patienten. Man kann daraus kaum ableiten, mit welchen Nebenwirkungen man nun wirklich zu rechnen hat. Unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen etc. sind auf jedem Beipackzettel zu finden, da diese Symptome schon im normalen Alltag gelegentlich auftreten. Glücklicherweise müssen bis jetzt Lebensmittel noch keine Nebenwirkungslisten beilegen. Bei Erdbeeren müsste aufgeführt werden, dass eine allergische Reaktion zum Tode führen oder der Genuss von Milch Bauchschmerzen auslösen könnte. Leider ist bezüglich Beipackzettel mit Blick auf die heutige Juristerei keine Besserung zu erwarten. Den Patienten empfehlen wir, die Nebenwirkungsliste nicht schon vor Medikamenteneinnahme genauestens zu studieren, so dass keine negative Erwartungshaltung und dadurch ein Noceboeffekt entsteht.

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